Seit 35 Jahren gibt es die Countrynight in Gstaad – Grund genug für Marcel Bach und sein Team, eine Jubiläumsausgabe mit großartigen Künstlern und einer besonderen Jubiläums-Show auf der Bühne im Galazelt zu präsentieren. Pünktlich um 18:00 Uhr startet das Programm. Moderator Jürg Hofer führt gekonnt und mehrsprachig durch das Programm, und gibt ein paar Informationen zur Countrynight selbst bekannt. Doch dann wird der erste Act angekündigt.
Tyler Booth:
Der erste Act des Abends kommt aus Kentucky. Der 27jährige Tyler Booth wir von einer vierköpfigen Band unterstützt. Schon der erste Song seines Sets lässt ahnen, wohin die musikalische Reise geht. Sein Musikstil ist geprägt von Künstlern wie George Strait, Merle Haggard und auch Brooks & Dunn. Einige seiner Vorbilder und Kollegen hat er schon persönlich getroffen, und auf seiner Gitarre unterschreiben lassen. Seinen eigenen Song „God“ beginnt Tyler selbst mit seiner akustischen Gitarre, bevor die Band einsteigt und einer seiner Gitarristen ein wundervolles Pedal-Steel-Solo auf seiner E-Gitarre imitiert. Da Brooks & Dunn auf seiner Vorbildliste stehen, lässt der sympathische Künstler es sich nicht nehmen, einen Titel des Duos zu spielen. Wir erleben eine großartige Version von „Red Dirt Road“, was das Publikum mit großem Beifall honoriert. Es dauert nicht lange bis Tyler das Publikum auf seine Seite gezogen hat. Es wird gut mitgeklatscht und zu gu¬ter Letzt wirft er auch noch T-Shirts und Caps aus seinem Merch ins Publikum. Als George Strait Fan darf natürlich auch ein Cover seiner Songs nicht fehlen. Der Titel „Check yes or no“ geht von der Bühne direkt in die Herzen des Publikums. Aber nicht nur seine Cover ernten großen Beifall, auch seine eigenen Songs werden damit belohnt. Bei „All this could be yours“ hält es fast niemand mehr auf den Sitzen. Tyler erzählt von der Zeit, als er als Support mit Darius Rucker auf Tour war. Aus dieser Zeit gibt es den Song „Wagon Wheel“ zu hören. Der Titel „Real real love“ geht auch ins Ohr und in die Beine. Zum Ende seines Sets wiegt sich das Publikum im Galazelt im Walzertakt, bevor Tyler Booth mit standing Ovations von der Bühne verabschiedet wird. Leider lässt der Zeitplan keine Zugabe mehr zu und es erfolgt der Umbau zum nächsten Highlight der Country Night Gstaad.
Chapel Hart:
Jetzt kommen wir zu den drei Mädels aus Poplarville, Mississippi. Die Schwestern Danica und Devynn Hart bilden mit ihrer Cousine Trea Swindel das Trio „Chapel Hart“. Was damals als Straßenmusiker in New Orleans begann, machte eine Zwischenstopp in der TV-Show „America got talent“, wo sie 2022 mit ihrem Titel „You can have him, Jolene“ die Jury so überzeugen konnte, dass sie den begehrten „Golden Buzzer“ dafür bekommen haben. Nun folgten mehrere Auftritte im TV, in der Grand Ole Opry und auch beim C2C in London überzeugt das dynamische Trio. Bei der Countrynight Gstaad eröffnen sie ihr Set mit „Glory Days“ und sofort merkt man, wie der Funke auf das Publikum im Galazelt überspringt. Danica, Devynn und Trea geben sich sympathisch und bodenständig, scheuen auch nicht den Kontakt zum Publikum und überzeugen musikalisch wie stimmlich auf ganzer Linie. Die drei Stimmen harmonieren perfekt, was sie bei einigen Songs auch gerne mal acapella beweisen. Mit „That girl likes Fords“ kommt noch einmal Schwung ins Set – auch mit diesem Song konnten sie bei „America got talent“ die Jury überzeugen. Der neue Titel „Perfect for me“ kommt ebenfalls super an und wir mit viel Applaus honoriert. Emotional wird es, als Danica von ihrem Freund David “DMac” McGee erzählt, der diesen Sommer verstorben ist. Er war für die Band mehr als ein Freund und hat schon an Chapel Hart geglaubt und unterstützt, noch lange bevor sie erfolgreich waren. Sein Song war „Drift away“ von Dobie Gray. So erleben wir die wohl emotionalste Version dieses Titels, bei dem es sicherlich das eine oder andere feuchte Auge gibt – nicht nur bei den Künstlern auf der Bühne. Mit einer Verbeugung vor den „Judds“ präsentieren Chapel Hart ihre Version von „Grandpa“ bei dem sie wieder einmal beweisen, wie ihre Stimmen zusammenwirken. Instrumental sind nur eine akustische Gitarre und ein Piano dabei, was die Gesangsharmonien noch mehr in den Vordergrund rückt. Gegen Ende des Sets geben sie nochmal Gas und mit „Life is a highway“ herrscht Party im Galazelt. Die Band ermutigt das Publikum, nach vorne an die Bühne zu kommen. Viele kommen dieser Aufforderung nach und auch hier spürt man, dass Chapel Hart die Nähe zum Publikum sehr schätzt. Die Stimmung steigt noch mehr, als sie „Don’t stop believin“ anstimmen. Man soll immer an sich glauben und niemals aufgeben, seine Träume zu verfolgen – so sagt Danica, also sie zu dem Song anstimmt. Natürlich verlassen sie die Bühne nicht, ohne ihren Song zu präsentieren, der ihnen zum Erfolg verholfen hat. Doch zuerst gibt es eine acapella-Version des Dolly Parton Klassikers „Jolene“ zu hören. Stimmlich perfekt und harmonisch wundervoll dargeboten, erntet dieser Song schon standing Ovations. Mit „You can have him, Jolene“ feuern sie die letzte musikalische Partyrakete ab. Das Publikum klatsch, tanzt, jubelt und feiert Chapel Hart, die nicht ohne eine Zugabe die Bühne verlassen durften. „The girls are back in town“ wird noch dargeboten. Mit diesem Set haben sie die musikalische Messlatte schon sehr angehoben, aber es ist ja noch nicht vorbei.
Jubiläums-Show:
Wie immer vor dem Headliner betritt Veranstalter Marcel Bach die Bühne und begrüßt das Publikum, dankt den Sponsoren und gibt gern einen Ausblick auf die kommende Countrynights. Da es heuer eine Jubiläumsausgabe ist, gibt es noch ein besonderes Schmankerl. Vier Joderclubs aus der Gegend um Gstaad haben sich zusammengetan, um das Publikum im Galazelt mit traditionellen Liedern zu erfreuen. Stimmlich und gesanglich perfekt präsentieren sich die Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Simon Hefti mit ihren zwei schweizer Weisen. Das Publikum honoriert diese Leistung mit tobendem Beifall und auch standing ovations. Nach diesem traditionellen Beitrag wird ein kleiner Film angekündigt. Hier sieht man eine Retrospektive von allen Headlinern aller Countrynights seit Beginn an. Bei einigen gezeigten Künstlern geht ein hörbares und schmachtendes Raunen durchs Publikum. Ein toller Film, bei dem man sich gern an die ein oder andere Countrynight zurückerinnert. Für Kurzweil sorgen auch ein paar Luftballons, die von der Bühne aus ins Publikum geworfen, und von selbigen mit viel Spaß nach hinten weitergeschubst werden. Nach dem Film folgt dann eine kurze Pause und die Bühne wird für den Headliner umgebaut.
Little Big Town:
Wenn eine Band schon über 25 Jahren in derselben Formation zusammen ist, dann muss wohl alles richtig gemacht worden sein. Der erste Auftritt von Karen Fairchild, Kimberly Schlapman, Jimi Westbrook und Philip Sweet war 1999 in den heiligen Hallen der Countrymusic – in der Grand Ole Opry in Nashville. Etliche Preise und Awards gehen auf ihr Konto und der Erfolg gibt ihnen Recht. Wir erleben Little Big Town auf der Bühne in Gstaad wie eine Familie, die ihre Freunde als Band dabei hat. Die vier Bandmitglieder überzeugen auch stimmlich und musikalisch, und schaffen es in kürzester Zeit, das Publikum in ihren Bann zu ziehen, und es mitzureißen. Songs wie „Hell yeah“ und „Nightfall“ tragen genauso dazu bei, wie ihr perfekter Harmoniegesang, der auch ein wenig an ABBA erinnert. Sie erzählen auch immer wieder, dass sie als die „ABBA der Countrymusic“ bezeichnet werden. Parallelen sind durchaus vorhanden. Miranda Lambert selber hat ihnen von der Countrynight Gstaad berichtet und davon geschwärmt. Somit waren die vier Künstler schon sehr gespannt, was sie in der Schweiz erwarten wird. Immer wieder ernten sie Lacher vom Publikum, weil sie immer an dem Wort „Gstaad“ straucheln, und es für einen Amerikaner einfach schwierig ist, diesen Namen auszusprechen. Ihr musikalisches Set zieht sich durch alle Epochen ihrer Karriere. Der Titel „I’m with the band“, den sie für ihre Fans geschrieben haben, erntet tobenden Beifall. Bei „Day Drinking“ gab es kein Halten mehr bei den Fans. Es wurde mitgeklatscht und mitgetanzt – diese Musik geht einfach ins Herz und in die Beine. Dass die Band auch Bluegrass kann, beweisen sie mit ihrer Version von „Evangeline“ Auch hier brillieren sie mit ihrer stimmlichen Vielfalt und Transparenz. Zum Abschluss erleben wir noch die Party-Hymne „Pontoon“. Ein Feuerwerk an guter Laune und musikalischer Perfektion geht natürlich auch bei Little Big Town mit tobendem Applaus und standing Ovations zu Ende.
Fazit:
Die Jubiläumsausgabe der 35sten Countrynight Gstaad glänzt erneut mit Qualität. Es ist immer eine Gratwanderung, bei so einem Event die richtige Mischung zu finden. Marcel Bach und sein Team haben auch in diesem Jahr wieder ein perfektes Händchen bewiesen und drei Acts in die Schweiz geholt, bei denen jeder der Headliner hätte sein können. Nun sind wir gespannt, wer bei der Countrynight 2025 dabei sein wird. Eins ist sicher – es wird bestimmt wieder großartig werden.
Rainer M. Pech
für COUNTRYMUSIC24.COM
|